Die Wirkungsmacht der Tanz-Künstler*innen stärken durch Kontinuität in der Förderung!

und

Empowerment zu mehr Selbstbestimmung!

Dies sind Überschriften, die wir unüberhörbar finden und durch die Ergebnisse unserer gemeinsamen Arbeit auf dem Barcamp 23 zusammengefasst werden können.

Um diese Erkenntnisse umzusetzen, ist es notwendig, dass Förderkonzepte, Förderstrukturen und -strategien überdacht und neu gestaltet werden, um die Selbstwirksamkeit von Künstler*innen zu verbessern.
Die Tanzszene selbst muss gestärkt werden, um ihre Interessen aktiver gegenüber Förderern zu vertreten.

Aus den 28 Arbeitssessions, die am 13. und 14. Oktober auf dem Barcamp 23 gehalten wurden, sind teils konkrete Forderungen hervorgegangen, teils Schlaglichter, Wahrnehmungen von Arbeitsbedingungen und Entwicklungen, aus denen sich konkrete Handlungsaufforderungen ableiten lassen.

 

Konkrete Forderungen, die wir gehört haben:

 

Kulturförderung ist Pflicht und keine Kür!

Die Förderung von Kunst und Kultur gehört als verpflichtende Aufgabe auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene im Grundgesetz verankert und darf nicht mehr als freiwillige Leistung gesehen werden.
Dazu gehört auch die Verantwortung, das Honoraruntergrenzen zuverlässig umgesetzt und weiterentwickelt werden.
 

‚Kontinuität‘ wird als bedeutendes Kriterium in Förderkonzepte aufgenommen!

Längerfristige Planungen werden strategisch gefördert, Audience-Development und unternehmerisches Vorgehen dadurch ermöglicht. Arbeitsbelastungen und den Gefahren von ‚Burn-Outs‘ kann adäquater begegnet werden. Dazu soll der gesamte Produktionsprozess erfasst und gefördert werden: Recherche, Produktion, Präsentation, Touring, Weiterentwicklung und Wiederaufnahme wie auch der Aufbau von Strukturen.
 

Antragsverfahren orientieren sich an den Arbeitsweisen von Künstler*innen und werden entsprechend angepasst!

Der Zugang zu Fördermitteln wird durch den Abbau von Barrieren erreicht, z.B. durch

  • Gestaltung barrierearmer Antragsverfahren
  • Erweiterung von Förderkriterien
  • Auflage von Förderprogrammen, die an die Erfordernisse spezifischer Tanzsparten angepasst sind  - z.B.: Urbaner Tanz, Emerging Artists, Mid-career artists, Tanz im Alter, BIPoC
  • Transparenz der Kriterien/ Anforderungen
  • Sensibilisierung für Antragsverfahren bei Verwaltungen und anderen Förderern

Kosten für Access sollen generell strukturell eingebunden, Antragsprozedere entsprechend neu entwickelt werden.
 

Die Gesellschaft wird diverser und muss ein breites Spektrum unterschiedlicher Tanzkulturen fördern!

Für alle Tanzschaffenden sollte eine Förderung zugänglich sein, sowohl für BIPoC-Künstler*innen, Künstler*innen im Exil, Künstler*innen aus unterschiedlichen Tanzkulturen, aus unterschiedlichen Altersgruppen.  Beispiele:

  • Urbaner Tanz kann durch konkret darauf abgestimmte Förderstrukturen Anerkennung als eigenständige Kunstform finden. Urbaner Tanz spiegelt die Diversität der Gesellschaft wider, ist niedrigschwellig, erreicht ein neues Publikum. Durch schlanke, offene Strukturen kann der Austausch der Urbanen Tanzkunst mit etablierten Häusern zum gegenseitigen Nutzen unterstützt werden.
  • Für BIPoC-Künstler*innen kann Gleichberechtigung hergestellt werden, indem ihnen Möglichkeiten angeboten werden, zu kuratieren, z.B. Konferenzen, Förderprogramme, Präsentationsformate.
  • Künstler*innen, die bei uns im Exil sind, sollen die Möglichkeit erhalten, ihre Arbeit fortzusetzen, daher unkompliziert Zugang zu finden und sichtbar zu werden. Dafür müssen Strukturen und Gefüge erkennbarer, Vorgänge rund um Kuration und Produktion transparenter werden, müssen Förderstrukturen explizit für diese Künstler*innen geschaffen und Entscheidungspositionen kompetent besetzt werden.
  • Tanz im Alter erhält durch adäquate Förderung eine neue Wahrnehmung. Tanz im Alter hat eine politische Dimension, denn er hinterfragt die Rolle, die wir dem Menschen zuweisen. Er eröffnet neue Qualitäten des Ausdrucks und umfasst alle Arbeitsbereiche: aktiven Tanz, Tanzpädagogik, Weiterbildung, …
     

Durchlässigkeit zwischen frei arbeitenden Tanzschaffenden und festen Ensembles/ Theatern schafft Mehrwert!

Die Förderung von Netzwerkarbeit/Kooperationen zwischen festen Häusern mit ihren Ensembles, INTHEGA-Häusern und frei Produzierenden ermöglicht Durchlässigkeit. Das gelingt u.a. nur durch zusätzliche Finanzierung, Vereinfachung von Verfahren, Verringerung bürokratischer Hürden, mehr Freiheit in der Ausgestaltung der Kooperationen (Beispiele: Tanzpakt Stadt-Land-Bund, Tanzland).
 

Der ‚Tanz in Flächenregionen‘ muss weiterentwickelt werden!

Wenn die Kunst aus den ‚safe spaces‘ (urbaner Raum) rausgeht, sind Vernetzung und Wissenstransfer Voraussetzung: Kosten für Beratung, Begleitung, Sicherheit (!) etc. müssen gefördert werden (auch von anderen als den künstlerischen Ministerien).
 

Der Moderne Tanz ist von der UNESCO als Kulturerbe der Menschheit anerkannt worden.

Fördermittel für eine konkrete Weiterbildungsmaßnahme im zweijährigen Turnus sind geboten, um den Diskurs um diese bedeutsame tanzkulturelle Ausdrucksform lebendig zu erhalten.

 

Hier Schlaglichter auf Wahrnehmungen und Selbstwahrnehmungen, aus denen sich Forderungen ableiten:
 

Empowerment der Künstler*innen ist dringend geboten!

  • Die Beziehung zu den ‚Gatekeeper*innen‘ soll neu gestaltet werden, damit den Interessen der Künstler*innen Beachtung geschenkt werden kann. Es braucht mehr Partnerschaftlichkeit, weniger Hierarchie und Bürokratie
  • Mehr Transparenz in allen Prozessen ist notwendig, mehr Wissen, mehr Verstehen – und weniger Entmutigung.
  • Das Thema ‚Ausbildung‘ braucht mehr Aufmerksamkeit. Eigene Formate für den Austausch über das WIE sollen weiterentwickelt werde.
  • Qualifizierung ist ein Schlüssel für Empowerment - durch z.B. Austauschformate für Wissenstransfer (zu Honorarfragen, unternehmerischen Fragen, Absicherungen, …), Workshops, Resilienz-Training. Künstler*innen sollten gestärkt werden, um sich für ihre eigenen Interessen aktiver einsetzen zu können.


Entwicklungen müssen vorangetrieben werden, weil sich Umstände weiterentwickeln!

(Digitalisierung, Diversität, Access, gesellschaftliche Erwartungen an die Kunst und an Künstler*innen, …). Hier ist inhaltlich eine Aufforderung an die Aktiven selbst enthalten, sich weiterzuentwickeln.

  • Die lang etablierten Strukturen an festen Häusern können einen ‚Change‘ vertragen. Die Einbindung der Freien Szene in die Arbeitsstrukturen würde das ermöglichen.
  • Die Bedeutung des Tanzes für gesellschaftliche Prozesse, sein identitätsstiftendes Potential, ist unumstritten und muss sichtbarer gemacht werden. Dafür muss der Austausch der Aktiven mit Entscheidungsträger*innen intensiviert werden.  Durch professionelle Formate/ Angebote im öffentlichen Raum kann eine niedrigschwellige Teilhabe erreicht werden.
  • Vernetzung und engerer Austausch der Aktiven mit Politik, Verwaltung und auch mit der Wirtschaft sind geboten.
  • Die Aufgabe des Journalismus ist im Wandel – er ist kein Dienstleister, sondern ein medialer Begleiter. ‚Bindet die medialen Vertreter in die strategische Planung und in konzeptionelle Arbeit enger ein, informiert schon in Planungsphasen!‘
  • Gesellschaft wird diverser – Institutionen müssen offener werden bzw. ihre Position zu Diversität offener darstellen.
  • Machtmissbrauch im Tanz findet statt. Es braucht geschützte Räume, in denen darüber geredet und in denen der Missbrauch offengelegt werden kann. Substanzielle Veränderungen entstehen erst, wenn in Arbeitssituationen Strukturen entwickelt werden, die den Machtmissbrauch unwahrscheinlicher machen.