Session 1.3 - 'Wie sähe ein Traum-Antragsformular aus?'

Leitung: Nicole Fiedler, Friederike Geisler und das Team des DIS-TANZEN Förderprogramms des Dachverband Tanz Deutschland

Trafohaus - 12:00 - 12:45 Uhr

Gemeinsam möchten wir Antragsformulare modellieren und in gemischten Gruppen – aus der Sicht der Antragstellenden, der Fördernden und Jurymitglieder – diskutieren, wie Anträge für alle zugänglicher und inklusiver gestaltet werden können. Grundlage dieser Session bildet das Reflektionspapier der DIS-TANZ-SOLO Jury zur diskriminierungssensiblen Umsetzung von Juryarbeit und Förderverfahren. (Foto: Nicole Fiedler, © Foto: Eva Radünzel)

 

Dokumentation der Session

Nicole leitet die Session zusammen mit Jette Büchsenschütz

Der Dachverband Tanz hat in den vergangenen Jahren in seinen Förderprogrammen tausende von Anträgen bearbeitet und viel Erfahrung in diesem Bereich gesammelt.

Die Fragen für diese Session lauten:
Wer benötigt welche Information, um Förderprozesse adäquat durchführen, bearbeiten und bewerten und zu können: Antragsteller*in, Förderer, Jurymitglied, Geförderte, ...
Der Arbeitsauftrag an die Teilnehmer*innen der Session lautet:
Trefft Entscheidungen, macht Vorschläge, diskutiert: Was ist wichtig bei Antragstellungen? Was macht Antragstellung zugänglich? Gibt es Aspekte, durch die Antragsprozesse erschwert werden?
Die beiden Leiterinnen haben schon Vorschläge dazu auf Karten geschrieben und fordern auf, Entscheidungen über diese Vorschläge zu treffen, selber weitere Vorschläge zu machen und zu diskutieren.

In der Diskussion steht sofort eine Frage im Fokus: Wie sinnhaft ist es, Antragsteller*innen zu befragen, welche Förderungen sie bisher erhalten haben? Es geht Förderern offenbar darum, sich die Beurteilung zu erleichtern. Aber ist es inhaltlich angemessen, die Entscheidung anderer Jurys als Entscheidungshilfe zu nehmen: 'Warst Du bisher erfolgreich? Das musst Du uns nachweisen - z.B. dadurch, dass Du beantwortest, wofür Du bisher Förderungen bekommen hast.'
Forderung: Eine Befragung, bei der es um die Evaluierung von Kompetenzen geht, muss passgenau gestaltet werden, sie muss sich an den konkreten Inhalten der betreffenden Förderung bzw. der Ausschreibung orientieren.
Vorschlag: Eine Befragung könnte sich an rein faktischen (objektivierbaren?) Kriterien orientieren - im Gegensatz zu inhaltlichen: Hat es bereits Förderungen gegeben? Öffentliche oder private Förderung? Welchen finanziellen Umfang hatten sie?

Forderung: Die Besetzung von Jurys muss mit der Ausschreibung bekannt gegeben werden. Das gibt Antragsteller*innen die Möglichkeit, konkreter 'ins Gespräch' zu gehen und Projektvorschläge zielgerichteter einzureichen.
Daran schließt sich gleich die nächte Forderung an: Jury-Mitglieder müssen gebrieft, müssen geschult werden. Es ist wichtig, dass Jury-Mitglieder die Perspektive der Antragsteller*innen, der Aktiven adäquat bewerten können. Es ist wichtig, dass unterschiedliche Themen des Tanzbereichs - künstlerische Genres, aber auch Themen wie Diversität, Zugänglichkeit, Tanz im Alter ... - in der Jury bekannt sind und kompetent berwertet werden können.

Forderung: Transparenz über die Verteilung, die Streuung der Gelder - in welche Bundesländer, Städte, Regionen, Flächenregionen gehen welche Anteile der Fördergelder.

Forderung: Antragsteller*innen dürfen nicht verpflichtet werden, Pressemappen über bisherige Projekte zu übergeben. Presse ist kein objektives Medium.
Die Verpflichtung muss umgekehrt werden: Wenn eine Förderung ausgesprochen wird, muss garantiert werden, dass das geförderte Projekt angemessen dokumentiert und für die Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird.

Empfehlungsschreiben in Antragsverfahren entspringen einem 'autoritären' Verständnis. Sie dürfen bestenfalls als Hilfestellung dienen, um Berufsanfänger*innen kennen zu lernen.

Das Thema Feedback für abgelehnte Anträge wird aufgemacht. Für Geförderte ist ein Feedback essentiell. Sie müssen auch im Falle von Ablehungen erfahren, welchen inhaltlichen oder formalen Umstände sie geschuldet sind.

Für die Barrierefreiheit ist es wichtig, eine Vielzahl technischer Wege von Antragstellung anzubieten bzw. zu gestatten: Text, Video- und/oder Audiodateien, ... Videoformate können auch Künstler*innen die Antragsstellung ermöglichen, die nicht Text-affin sind. Nicht jeder schreibt gern oder schreibt gut - und ist nachhaltig entmutigt, wenn Antragstellung ausschließlich über gut formulierte Texte funktioniert.

Wie lang darf oder muss eigentlich ein Antrag sein? Antwort aus Sicht der Jury: Begrenzt und übersichtlich. Aber er muss umfangreich genug sein, um Inhalte klar dargestellen zu können.

Dhélé Agbetou, einer der Moderatoren des Barcamp, kommt in die Session und stellt die Frage nach der Essenz.
Im Zentrum aller diskutierten Themen scheint die Forderung zu stehen: Es muss die Kompetenz der Künstler*innen sein, die im Zentrum der Verfahren steht, inhaltlich und formal.
Das bedeutet: Die Verfahren müssen zugänglich sein, nicht bürokratisch. Nachweise über Kompetenzen der Antragsteller*innen müsssen sich an den Inhalten der konkreten Auschreibungen orientieren, nicht an Entscheidungen vergangener Jurys oder an der Presse. Auch Jurys müssen ihre Kompetenz und Motivationen nachweisen, bevor sie Verfahren betreuen dürfen. Und die Verfahren müssen transparent sein, nicht anonym und ohne Feedback - damit Künstler*innen die Möglichkeit erhalten, auf Ergebnisse gestaltend Einfluss zu nehmen.

 

Impressionen der Session