Session 2.5 - 'Alles unter einem Dach.'

Leitung: Christopher Deutsch, freier Videokünstler, Dramaturg, Pädagoge, Produktionsleiter 'Urban Arts' am Theater Oberhausen

Foyer - 13:00 - 13:45 Uhr
Christopher hat diese Session spontan vorgeschlagen.

 

Wie gehen Theater mit Urbanem Tanz um?

Wir bilden einen Kreis und tauschen uns in einem sehr lebendigen Gespräch aus. Das Projekt, das Christopher vorstellt, ist noch ganz neu und den Teilnehmer*innen dieser Runde unbekannt.

Am Theater Oberhausen ist Christopher Deutsch Produktionsleiter eines Pilotprojekts, das Nachhaltigkeit anstrebt: Die 'Urban Arts' sind mit einer Gruppe von Künstler*innen des 'New Wave Ensembles' und des Kollektivs 'ENSAMPLE' fest am Haus installiert. Dies wird ermöglicht durch die 'Neue Wege'-Förderung. Es geht um die Entwicklung einer neuen 'Sparte', wie Christopher es nennt. Stadttheater können sich im Rahmen dieser Förderung mit alternativen Konzepten bewerben, um neue Strukturen auszuprobieren, zu erforschen und weiterzuentwickeln. Im Theater Oberhausen wurde so eine komplett neue Abteilung mit dem Fokus 'Urbaner Tanz' aufgebaut, mit dem Ziel, ein neues Publikum zu erschließen. Das hat dem Haus eine neue Wahrnehmung beschert.

Frage: Wie kann man sich als Aktive der Freien Szene - konkret auch der Urbanen Szene - einbringen in die Entwicklung neuer Strukturen.
Die Urbane Szene - wie generell auch die Freie Szene - hat das Problem, Räume zum Proben und Aufführen zu finden. Hinzu kommen finanzielle Hürden und die stetige Abhängigkeit von befristeten Förderungen. Die etablierten Häuser haben das gegenteilige Problem: Räume zu füllen und neue Zielgruppen zu erreichen.
Die Vision von Christopher - eine intensivere Verzahnung von Freier Szene mit Stadttheatern -  wäre eine Win-Win-Situation. Aber: Da es unterschiedliche Arbeitsstrukturen gibt, bleibt es eine Herausforderung, die beiden Bereiche - etablierte und freie Organisationen - zusammenzuführen.

Mitgliedern des Ensembles wird die Frage nach ihren persönlichen Erfahrungen mit den für sie neuen und ungewohnten Arbeitsstrukturen gestellt.
Die Freiheit, als fest engagierte Künstler*innen an einem festen Haus jederzeit einen Raum zur Verfügung zu haben, jederzeit trainieren und arbeiten zu können und seiner Lust an der Arbeit folgen zu können, wird von den Ensemblemitgliedern, die bisher ausschließlich in der freien Urban-Arts-Szene tätig waren, als Erleichterung empfunden. Kontinuität und Sicherheit spielen offenbar eine belebende Rolle für die Kretivität des Ensembles.
Es bleibt dennoch ein Lernprozess, sich in eben diesen Strukturen zurechtzufinden.

Wer stellt den Antrag zur 'Neue Wege'-Förderung? Das Haus.
Vorschlag: Es könnte oder sollte für Projekte, bei denen feste Häuser mit Ensembles aus der Freien Szene zusammenarbeiten wollen, Personen geben, die beide Bereiche gut kennen, und die nur für die Antragstellung zuständig sind. Der 'Neue Wege'-Antrag in Kombination mit den 'Neuen Künsten' ist oftmals eine Überforderung für die Verwaltung eines etablierten Hauses, weil hier die Expertise, die genaue Kenntnis der Arbeistweisen der Freien Szene, unbedingt vonnöten ist. In Oberhausen haben sich Intendanz und Verwaltung - ihrem Interesse und ihrer Neugier folgend - erstmal in die Freie Szene, in den Urbanen Tanz begeben, um ihre Vision auf stabile strukturelle Füsse zu stellen.

Die Frage nach der Strategie wird gestellt. Sind solche Projekt geeignet, dauerhaft etwas Neues zu etablieren? Einen 'Change' in etablierten Strukturen zu bewirken?
In Bezug auf Oberhausen ist Christopher sehr zuversichtlich, da er hier eine große Bereitschaft für einen gemeinsamen Lernprozess erlebt, verbunden mit einer großen künstlerischen Freiheit. Er sieht seine Rolle der Produktionsleitung als die eines Bindegliedes und Vermittlers.

'Urban Arts' am Theater Oberhausen wird erst seit September durchgeführt. Dennoch interessiert sich die Runde, die hier beisammen sitzt, bereits für die Zukunft des Programms.
Wer entscheidet über Erfolg und Mißerfolg eines solchen Projekts? Ist es eine Kulturpolitik, die nur in den Perioden von Intendanz-Verträgen wahrnimmt, und die auf Grundlage von Aufführungs- und Zuschauerzahlen und nach 'sparsamen' Finanzplänen des Theaterhauses bewertet?

Die Forderung lautet: Nicht die Verwaltung des Hauses, sondern die künstlerische Leitung der Sparte oder die künstlerische Leitung des gesamten Hauses entscheidet über die Weiterführung der neuen Zusammenarbeit. Es muss unbedingt eine künstlerische Entscheiung sein. Allein der künstlerische Erfolg und das Erreichen einer neuen Zielgruppe müssen die entscheidenden Kriterien sein - gerade wenn sich ein solches Modellprojekt noch in der Entwicklung befindet. Es ist essentiell für die Zukunft solcher Programme, dass Entscheider*innen eine künstlerische, gestalterische Vision haben, auf die sich ihre Entscheidungen gründet. Darum ist es übrigens essentiell, dass die Aktiven, die Macher*innen, die Vetreter*innen der Freien Szene die Kontakte zu den Entscheider*innen in der Kulturpolitik und der Verwaltung initiativ suchen.

 

Impressionen der Session