Session 3.5 - 'Ein Ende finden'
Leitung: Melanie Suchy
Foyer - 15:00 - 15:45 Uhr
Melanie hat diese Session spontan vorgeschlagen
Wohnt nur dem Anfang ein Zauber inne?
Woher weiß man eigentlich, wann etwas zu Ende geht?
In dem ganzen 'Gerödel', Geld zu verdienen, bleiben wesentliche Dinge auf der Strecke. Was eigentlich ist das Wesentliche und wie unterscheidet man es von dem, was unwesentlich geworden ist? Wie beendet man Dinge, die beendet werden sollten? Woran erkennt man, dass Dinge beendet werden sollten?
Ist das 'Loslassen' nicht mehr zeitgemäß? Aus dem Loslassen kann etwas Neues entstehen (aber muss nicht). Macht uns das Nicht-Wissen, was nach dem Loslassen kommt, Angst?
Fördern?!
Nur mal als Beispiel: Bei der Diskussion um regelmäßig geförderte große Projekte fragt man sich im geschlossenen Kreis der 'Macher*innen' durchaus auch mal: Brauchen wir das eigentlich noch? Aber dann wird es doch immer weiter und weiter mitgeschleppt, als 'ungebliebtes Ding', nur damit das Geld, das man 'gewohnheitsmäßig' als Förderung dafür bekommt, nicht verfällt. Das Projekt wird erst dann beendet, wenn jemand von 'Außen' es beendet, wenn die 'Entscheider' es tun.
Die Bedingungen werden angeblich immer von 'oben' vorgegeben. Kann man sie nicht auch von 'unten' viel aktiver gestalten?
In der künstlerischen Projektarbeit ist das Ende eines Projekts eigentlich nie freiwillig von der*dem Künstler*in selbst gesetzt. 'Für mich ist das eigentlich nie zu Ende', sagt eine der Gesprächsteilnehmer*innen zu ihren Projekten. Vielen Projekten würde es gut tun, sich weiterentwickeln zu können und zu dürfen. Aber die Umstände lassen das nicht zu. Siehe oben: Von 'außen' wird ein Ende gefordert; auch weil man im Rahmen von Projektförderung immerzu neue Projekte beginnen muss.
Die Frage wird diskutiert, welche Selbstwahrnehmung sich mit diesem Umstand eigentlich verbindet? Welche Rolle spielt der Blick auf die eigene Biografie mit einem 'Repertoire' zwar 'beendeter', aber möglicherweise nicht abgeschlossener Projekte?
Immer weitermachen: Es kommt selten vor, dass man in der Freien Szene Künstler*innen begegnet, die ihr Berufs-Jubiläum feiern. Und wenn jemand sein*ihr 10-jähriges feiert, dann erscheint es einem schon als sehr viel: 'Chapeau! Die oder der hat 10 Jahre in der Freien Szene überlebt! Das ist ja schon allerhand, das soll estmal eine*r nachmachen ...
Fordern!
Ermutigungen: Wagt Rückblicke auf Eure künstlerischen Biografien. Für Euch selbst oder/und für andere. Zeigt Eure Retrospektive.
Dem Ende eine Wegmarkierung zu geben bedeutet: Es gab einen Anfang!
Das Ende richtig schön feiern, es 'gut gestalten', einen Abschluss finden, ist eine Form der Wertschätzung des Anfangs.
Ist die Frage nach dem 'Ende', die Melanie stellt, möglicherweise eine Folge von Arbeits-und Förderstrukturen, bei denen die Künstler*innen kaum eine Möglichkeit zur Gestaltung haben? Eine Entscheidung darüber, dass Projekte zu Ende gehen, wird durch Förderstrukturen von außen bestimmt. Vielleicht wird darum ganz allgemein die Strategie verfolgt: Man bleibt lieber bei dem, was man macht und wovon man lebt, anstatt das Eine zu beenden, um das Andere, das Neue zu beginnen. Man weiß ja nicht, was dann daraus wird.
Das Gespräch macht es ganz plastisch: Die Entscheidung darüber selber treffen zu können (zu dürfen), was zu Ende gehen soll, ist ein Moment von Empowerment. Auch: darüber mit anderen zu sprechen, „laut zu denken“. Und sich dafür Zeit zu nehmen, denn die braucht es.
Korrespondenzen ergeben sich im Gespräch auch zur Barcamp-Session 'Älter- und Altwerden in der Freien Performativen Szene'
https://www.barcamp23.de/sessions/slot5/session-5-3
Der Begriff NEUSTART KULTUR wirft Fragen auf. Der Titel ist ermutigend, aber möglicherweise auch nur eine achtlos gewählte Hülse. Was war daran denn nun Neustart? Was war das Alte, das damit beendet wurde? Und was wird denn nun aus dem Neustart, nachdem die Krise der Gesundheit vorüber ist !? Wird losgelassen, damit etwas Neues begonnen werden kann? Oder beginnt nun einfach nur die Krise, dass der 'Neustart' vorüber ist? Wer entscheidet über das Ende? Mit welchem wertschätzenden Rückblick auf den Anfang? Mit welchen Folgen?