Session 5.4 - 'Honoraruntergrenzen und Förderung weiter entwickeln'

Leitung: Helge-Björn Meyer, Geschäftsführung Bundesverband Freie Darstellende Künste e.V.

Studio 3 vorn - Tag 2 - 11:00 - 11:45 Uhr

Es braucht nachhaltige Förderungen und kontinuierliche Förderperspektiven, um Krisen entgegenzuwirken. Was wurde mit der Honoraruntergrenze in den Freien Darstellenden Künsten bisher erreicht? Welche konkreten Erfahrungen gibt es? Wo muss nachgebessert werden? (© Foto: Jörg Metzner)

 

Dokumentation der Session

Helge-Björn Meyer leitet die Session mit einer Vorstellungsrunde ein und der Frage, welche Bedeutung für die Teilnehmenden Honoraruntergrenzen in ihrer konkreten Arbeit haben, und wie sie bisher das Thema angehen und umsetzen konnten.

Einführung in die Problematik der Honoraruntergrenzen

Helge weist mit Nachdruck auf das historische Fehlen von akzeptablen Honorarstandards in den Darstellenden Künsten hin, und schlägt den Bogen zu Fragen, die aktuell davon berührt sind.

  • Es gibt eine Problematik der ‚instabilen Solidarität‘. Sie entsteht durch ein Ungleichgewicht der unterschiedlichen Rollen im Bereich Tanz (Tänzer*innen, Choreograph*innen etc.).
  • Die Kulturförderung der Bundesländer ist sehr unterschiedlich.
  • Honorarempfehlungen sind eine politische Aufgabe.
  • Honorarstandards können nur angehoben werden, wenn die Fördertöpfe angepasst werden.
  • Die Untergrenze ist nur ein Zwischenschritt auf dem Weg hin zu konkreten Honorarempfehlungen.

Um Ziele zu erreichen, muss es einen verbindlichen Umsetzungsplan geben.
Wie der aussehen könnte, und was davon berührt wäre, das soll in dieser Runde diskutiert werden

Dabei weist Helge die Runde darauf hin, wie wichtig es ist, sich in der eigenen Arbeit eingehend mit der Thematik zu befassen.
Wichtig ist auch, dass man sich gegenseitig informiert, damit Wissen zu dem Thema angesammelt wird.

Eröffnung der Diskussionsrunde

Welche Beachtung schenkt Ihr dem Thema in Eurer konkreten Arbeit? Wie kalkuliert Ihr Kosten? Wie geht Ihr bei der Durchführung mit den einmal kalkulierten Summen um?

  • Viele Ausgaben und zeitlichen Aufwände (z.B. Recherchen und Trainings) finden bei Förderungen keine Beachtung und werden nicht finanziert. Auf die Fragwürdigkeit von. z.B. Rechercheförderung wird hingewiesen, da eine Recherche IMMER zu einer Projektdurchführung gehört.
    Forderung: Förderung muss den gesamten Erarbeitungs- und Probenzeitraum, sowie den Umsetzungszeitraum einschließen.
  • Es gibt eine ‚Kompromiss-Problematik‘. Kompromisse bei der Finanzierung sind immer einseitig, denn es ist bleibt immer allein den Antragsteller*innen überlassen, ihre Planungen anzupassen. Es besteht aktuell keine Möglichkeit für einen Austausch zwischen Antragsteller*in und Förderer, um gemeinsame Kompromisslösungen zu entwickeln. Es gibt ein vermutetes Misstrauen durch die Verwaltungen.
    Forderung: Vertrauen schaffen zwischen Verwaltung und Szene.
  • Kulturförderung ist eine freiwillige Leistung des Staates.
    Forderung: Es braucht eine klare Strukturförderung, statt unzuverlässiger Projektförderung, die keine stabilen Strukturen fördern.
  • Diskussion des ‚Österreichischen Modells‘ bei der Kulturförderung, welche aber angepasst werden müsste an die deutsche Arbeitsrealität. (Zur Erläuterung: In Österreich werden Künstler*innen von Vereinen, die vom Staat dafür Geld erhalten, für ihre Projekte fest angestellt. Dadurch sammeln sie Anwartschaften für die Arbeitslosigkeitsabsicherung und die Rente.)
  • Alle im Projekt inkludierten Tätigkeiten müssen gefördert und vergütet werden.

Absurditäten bei der Erstellung von Finanzierungsplänen werden angesprochen:

  • Eigenanteile, die bei Antragstellung nachgewiesen werden müssen, sind oft nicht realistisch, vor allem nicht bei Projekten mit multiplen Anträgen bei unterschiedlichen Förderern.
    Es ist eine Überforderung, in diesem Bereich Länder- und Bundesförderung aufeinander abzustimmen, die unterschiedliche Förderrichtlinien‘ haben. Landesförderungen reichen oft nicht aus, um die Kofinanzierung von Bundesförderungen zu gewährleisten. Hier wäre ein Ko-Finanzierungsfonds das mögliche Mittel. Er muss auf Länderebene eingerichtet werden, aber der Bund muss sich beteiligen.
  • Die Antragsteller*innen selber können die Vielzahl der Rollen, die sie in Produktionsprozessen einnehmen, bei der Finanzierung nicht adäquat berücksichtigen (z.B. Künstler*in, Produzent*in, Veranstalter*in etc.). Man zahlt sich weniger Honorar aus, als man sollte oder bräuchte.
  • Auch gibt es bei multiplen Antragstellungen eine Schräglage bei der Anwendbarkeit der Honoraruntergrenze, weil Bund, Land, Kommunen und ggfls. auch Stiftungen hier unterschiedliche Regelungen haben.
  • In der Summe gibt es eine Überforderung bei Akteur*innen angesichts der Vielfalt an Anträgen, die für die Realisierbarkeit eines einzelnen Projekts gestellt werden müssen
  • Das Thema Zuwendungsrecht mit Blick auf z.B. Kinderbetreuung wird angesprochen. Auch dies muss politisch angegangen werden.
  • Förderung darf keine freiwillige Leistung bleiben, sie muss eine Daseinsvorsorge ermöglichen.
     

Wichtigste Forderungen, entstanden durch den Konsens aller Beitragenden:

->  Die Förderung von Kunst und Kultur muss eine Pflichtaufgabe sein, keine freiwillige Leistung.

->  Strukturförderung muss stattfinden - statt verstärkt Projektförderung, die keine stabilen Strukturen befördert.

->  Wir müssen offen über Geld reden! Mehr Wissenstransfer und Qualifizierung müssen angeboten werden: mehr Wissen über Geld-Fragen. Entsprechende Qualifizierung muss es schon im Studium geben. Können auch Dachverbände Wissenstransfer geben? Aufbau hierzu von Datenbanken – verstärkt!!

->  Der GESAMTE Arbeitsprozess eines Projekts muss in der Förderung abgebildet und finanziert werden: Recherche, Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung.

 

Impressionen der Session